Josef Moe Hierlmeier ist tot. Am Freitag starb er im Alter von knapp 52 Jahren an einer Herzattacke. Radio Z trauert mit seiner Lebensgefährtin und seinen zahlreichen FreundInnen und WeggefährtInnen.

Gelobt sei der Zweifel! Ich rate Euch, begrüsst mir
Heiter und mit Achtung den
Der Euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
Ich wollte, Ihr wäret weise und gäbt
Euer Wort nicht allzu zuversichtlich.

...

Freilich, wenn ihr den Zweifel lobt,
so lobt nicht
Das Zweifeln, das ein Verzweifeln ist!
Was hilft Zweifeln können dem
Der sich nicht entschließen kann.
Falsch mag handeln
Wer sich mit zu wenigen Gründen begnügt,
Aber untätig bleibt in der Gefahr
Der zu viele braucht.
(Lob des Zweifels, Bertold Brecht)

 

Ich kannte Josef Moe Hierlmeier als einen guten Zweifler im Sinne dieses Brecht-Gedichts. Seit Ende der 70er Jahre war er ununterbrochen politisch aktiv gewesen. Zunächst als Atomkraftgegner, später entwickelte er seine Positionen weiter kam in Kontakt mit dem Kommunistischen Bund, der als Impulsgeber der Neuen Sozialen Bewegungen, z.B. der Friedensbewegung wirkte. Für seine Überzeugungen trat er mit Vehemenz ein, nicht jedoch, ohne sie stets von Neuem zu überprüfen und bereits um die nächste Wegbiegung herum gedacht zu haben.

Ich lernte ihn Anfang der 80er Jahre kennen, traf ihn bei der verbotenen Demonstration gegen das AKW Brokdorf und bei kritischen Diskussionen über die RAF. Obwohl er  nur wenige Jahre älter war,  war er für mich ein Vorbild, das Sachlichkeit,  Humanität und die Überzeugung, das radikale Veränderung möglich und  notwendig ist, auf einen Nenner brachte und mich politisch und menschlich beeinflusste. 

Moe war, ohne stürmischen Aktivismus, an immer neuen politischen Projekten beteiligt. So war er langjähriges Mitglied des Lateinamerikakommitees, maßgeblicher Mitinitiator des Nürnberger Sozialforums, Mitglied der interventionistischen Linken und Mitherausgeber des Theorie-Blattes Fantomas. Er war ein Meister im Brückenschlag zwischen der Bewegungs- und der Intellektuellen Linken.

Die Haltung die man von ihm kannte, brachte er 2010 in einem Artikel trefflich auf den Punkt:

„Viele kluge Vorschläge (Anm.: z.B. in der Konversionsdebatte) wurden in den letzten Jahrzehnten entwickelt, die auch schnell umgesetzt werden könnten. Nur: Sie werden es nicht. Die Verhältnisse, sie sind nicht so. Deswegen muss man als Linke/r immer wieder einen Schritt zurücktreten, um den Ort zu bestimmen, von dem aus man interveniert.“ (Zeitschrift Arranca, „Grenzen linker Politik in Zeiten der Krise“)

Mit Moe haben wir einen Zweifler und Kämpfer, einen Lehrer und Lernenden verloren. Und einen, dessen Menschlichkeit und Klugheit viele überzeugte. Wir hätten ihn noch gebraucht und wir werden ihn vermissen.

Michael Liebler