So fern von Gott - so nah an den U.S.A.

Mit diesem selbstironischen Spruch ist die Situation der überwiegend bettelarmen Bevölkerung Mexikos sarkastisch, aber treffend auf den Punkt gebracht. Mehr als 16 Millionen Mexikaner*innen sind seit 1965 in die USA gegangen. Ein großer Teil von ihnen sind Männer auf der Suche nach einem Einkommen für die zurückgelassenen Familien. Seit Jahren befindet sich Mexiko im sogenannten Krieg gegen die Drogenkartelle. Zehntausende sind diesen bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen bereits zum Opfer gefallen. Ein besonders abstoßender Aspekt innerhalb dieser Auseinandersetzungen ist die exzessive Gewalt gegen Frauen. Laut zivilgesellschaftlichen Organisationen, die inzwischen von einem Feminizid sprechen, wurden allein zwischen 2000 und 2009 12.636 Frauen ermordet. Traurige Berühmtheit erlangte dabei die an der Grenze zu den USA liegende Stadt Juarez. In ihrem Roman "Gebete für die Vermissten" schildert die amerikanische Autorin Jennifer Clement den brutalen Alltag ihrer jugendl ichen Protagonistin. Sie wächst in einem Dorf ohne Männer auf. Denn diese sind auf der Suche nach Arbeit oder längst tot. Verzweifelte Mütter verkleiden ihre Töchter als Jungen oder verstecken sie in Erdlöchern, sobald die schwarzen Geländewagen der Narcos auftauchen. Die Autorin wuchs in Mexico City auf und hat über zehn Jahre zu diesem Thema recherchiert. In dieser Sendung möchten wir den Hörer*innen mit ausgewählten Textpassagen aus "Gebete für die Vermissten" die Situation dieser Frauen näher bringen. Der musikalische Rahmen dazu kommt zum Einem von dem mexikanischen Soundkünstler Guillermo Galindo. Für sein Werk "Border Cantos" verwendete er selbstgebaute Instrumente, bestehend aus Fundstücken aus dem Grenzgebiet Mexiko/ USA. Zurückgelassene Wasserflaschen, Turnschuhe und Teile der Grenzbefestigung geben den namenlosen Immigrant*innen einen musikalischen Nachklang ihrer "flüchtigen Existenz". Daneben gibt es Lieder der 79-jährigen brasilianischen Samba-Ikone Elza Soares von ihrem experimentellen Album "The Woman at the End of the World". Eine Sendung von und mit Kay Osterloh.
 

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