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Aus dem Stoffwechsel-Magazin
Z-Bau -Wie wir leben wollen - Rassismus im Theater
- Info zum Beitrag
- Sendeplatz: Stoffwechsel
- Freitag, 13. November 2020
- AutorIn: Z-Bau
Rassismus vor und auf deutschen Bühnen
Ein Kommentar von Anta Helena Recke
“The function, the very serious function of racism is distraction. It keeps you from doing your work. It keeps you explaining, over and over again, your reason for being. Somebody says you have no language and you spend twenty years proving that you do. Somebody says your head isn’t shaped properly so you have scientists working on the fact that it is. Somebody says you have no art, so you dredge that up. Somebody says you have no kingdoms, so you dredge that up. None of this is necessary. There will always be one more thing.” (Zitat Toni Morrison)
Wie steht es mit dem Rassismus im deutschen Theaterbetrieb? Ich kann gar nicht vermitteln, wie sehr mir diese Frage aus den Ohren trieft, ich kann es nicht mehr hören, sehen, denken. Es fühlt sich an, wie ein in der Unendlichkeit hängengebliebenes Hamsterrad, auch deshalb, weil sich faktisch sehr wenig tut und die Antwort gezwungenermaßen seit Jahren dieselbe bleiben muss. Was ist das für 1 Life? Ich habe beschlossen, keine Auskunft mehr über Rassismus zu geben, außer wenn ich vorzüglich dafür bezahlt werde und im jeweiligen Moment nicht damit rechnen muss, dadurch aus dem Gleichgewicht zu geraten. Es hat natürlich seine Berechtigung, Marginalisierte mit in die Diskussion einzubeziehen, wenn es um strukturelle Unterdrückungsformen geht. Die andere Seite der Medaille ist, dass diese, sowohl bis in die privatesten aller Räume, als auch im professionellen Leben, quasi täglich damit konfrontiert sind, sich mit einem wirklich ätzenden Thema auseinandersetzen und darüber Auskunft zu geben. Ein anderes Beispiel für den perfiden Mechanismus, den Toni Morrison beschreibt, ist die immer wieder aufkommende Frage nach der „korrekten“ Bezeichnung für marginalisierte Menschen aka „Was DARF ich eigentlich noch sagen?“. Ich möchte sowohl den Menschen in meinem privaten Umfeld als auch den Diskursteilnehmer_innen in der öffentlichen Debatte, die sich mit solchen Gedanken an mich wenden, gerne entgegnen: Das musst Du leider selbst wissen! Ich sehe in der allgemeinen Erwartung, manchmal invasiv-penetrant vertretenen Forderung, dass Schwarze, POC, Queere, Post-Migrant_innen, Angehörige von Religionen, die nicht das Christentum sind, Menschen mit Behinderung usw. als Instanz dafür herhalten sollen, welche Sprache die Angehörigen der unsichtbaren Norm verwenden „dürfen“, eine Vermeidung, die kindliche Weigerung, selbst Verantwortung dafür zu übernehmen, wie ihr sprechen wollt und welche Implikationen diese Sprache in sich birgt, und mit sich bringt und was für eine Welt sich durch sie materialisiert.
1. Ihr dürft machen was ihr wollt. Schon die Formulierung einer in diese Richtung gehenden Frage mit dem Verb „dürfen“ ist eine solch bizarre Verdrehung der Verhältnisse, dass einer die Laune für jede weitere Auseinandersetzung sofort vergeht. Wenn ihr diffamierende, infantilisierende oder menschenverachtende Sprache benutzt, dann hat das für euch keine weiteren Konsequenzen. Niemand kann es euch verbieten. Auch wenn es um einen der wenigen Fälle geht, in denen Strafen für das Verwenden bestimmter Begriffe theoretisch Eingang ins Gesetz gefunden haben, braucht ihr euch echt keine Sorgen machen. Eine Schwarze Person betritt ein deutsches Polizeirevier und zeigt dort eine rassistische Beleidigung an? Die Anzeige wird verfolgt und die angeklagte Person zur Rechenschaft gezogen? Am nächsten lautet die Titelseite der BILD- Zeitung: „Der wunder bare N**** Roberto Blanco hat gewonnen: Bayerns Innenminister Joachim Hermann zu 4000Euro Geldstrafe verurteilt!“? Auch wenn man es mit weniger prominenten Akteur_innen durchspielt, lasst es euch aus dem Nähkästchen meines Geheimwissens als Person on the shadowy side of white supremacy gesagt sein: It’s not gonna happen. Die einzige Konsequenz die man möglicherweise zu erwarten hat ist, das jemand anderes in mehr oder weniger differenzierter, nachvollziehbarer, akademischer oder empörter Form entgegnen wird: Ich find dich scheiße (Zitat Tic Tac Toe).
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Read a fucking book. Alle, wirklich alle rassistischen Bezeichnungen sind in der Zwischenzeit von Aktivist_innen und oder Wissenschaftler_innen historisch kontextualisiert, eingeordnet, hergeleitet und erklärt worden. Wenn es euch wirklich ein Anliegen ist, darüber Bescheid zu wissen, was ihr eigentlich ausdrückt, wenn ihr bestimmte Worte, oder, um am Schluss noch mal kurz zurück aufs Theater zu kommen, bestimmte ästhetische Mittel verwendet, dann macht die Arbeit, es herauszufinden, selbst und trefft eine Entscheidung. Das ihr für diese Entscheidung selbst verantwortlich seid, darum werdet ihr nie herumkommen, egal wie lange ihr lamentiert „Darf ich? Darf ich? Darf ich?“.
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